Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
Wie versprochen startet der WIP. Das Kleid stammt möglicherweise aus Irland, wurde von der Vorbesitzerin über Ebay in Irland gekauft. Dafür spricht die irische Spitze an den Ärmeln.
Ich datiere es auf späte 1870er. Warum ich das glaube? Für frühe Tournüre sprechen die Ärmel, Ober und Unterärmel sind gleich geschnitten. Die Form des Oberteils ist typisch, die Polonaise-Form spricht für späte 1870er, kurz vor Beginn der NF-Zeit. Am Popo ist auf jeden Fall noch schön Platz für ein Pokissen.
Sollte jemand anderer Meinung sein, bitte melden, ich lasse mich gerne korrigieren, wenn ich falsch liege.
Das Foto ist leider grottenschlecht, gestern Abend schnell mit dem Handy aufgenommen.

Das beste am Projekt ist übrigens der Stoff-Abbau! Ich hab alles zuhause was ich brauche, inkl. Futter für´s Flatlining. Knöpfe lassen sich sicher auch finden. Spitze sollte auch was vorhanden sein.
Hier der Stoff, ob reine Wolle oder Mischung weiß ich nicht mehr, beim Bügeln riecht er nach reiner Wolle. Fällt sehr schön und lässt sich wunderbar vernähen.

Wie bin ich zu meinem Schnittmuster gekommen? Erst wollte ich nur anhand von Fotos die Schnittführung auf eines meiner Basisschnittmuster übertragen. Auf der Puppe hat sich allerdings gezeigt, dass die frühere Besitzerin meinen Maßen annähernd entspricht, das Kleid hat Größe 36/38, auch die Taille ist nicht extraschlank. Sie war auch annähernd so groß wie ich. Also hab ich dann versucht das Muster 1:1 abzunehmen. War nicht ganz einfach, mit Schonung des Kleides. Hab es dann mit Papierstreifen gemacht, aufgelegt soweit möglich und die Konturen der einzelnen Teile punktförmig übertragen. Dann eingescannt und nochmals nachbearbeitet.
Ich war dann mit dem Probeteil = Futter auf Anhieb 100% zufrieden.
|
|
16 Sep, 2019 12:40 51 |
|
Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
Danke dir, wenn man nach dem richtigen englischen Begriff googelt, dann findet man jede Menge dieser Kleider "Wrapper Dresses".
Ich habe nun auch nochmals meine Bücher durchgesehen, einerseits ist im The cut of womens clothes ein ähnliches, datiert auf die späten 1870er drinnen, auch im Fashions of the guilded ages wird der Kleidungsstil ab ca. 1876 beschrieben. Der Popo spricht tatsächlich wieder für eher 1885, die Ärmel aber nicht. Kann also eher 1885 sein, mit halt altmodischer Ärmelform.
Ich möchte jedoch eine möglichst ähnliche Reproduktion des Kleides machen, da es selbst leider in keinem optimalen Zustand ist, das ist auch der Auftrag. Zwar keine Replik (die ist für mich), aber ein Schnittmuster.
Wie immer erst der Zuschnitt, hier das Vorderteil mit den Abnähern.

Das Rückteil ist im Stoffbruch zugeschnitten und muss im oberen Bereich zusammengenäht werden. Hier wird die Nahtzugabe nicht auseinander gebügelt, sondern zu einer Seite. Was ich euch noch vorenthalten habe, das Kleid ist von oben bis unten mit einem Baumwollstoff gedoppelt, also klassisches Flatlining. Allerdings sind fast alle Nahtzugaben nicht versäubert.


Dann wird die Vorderkante eingeschlagen und geheftet. Hier sieht man, dass die Webkante zur Verstärkung belassen wurde, außerdem wird im Bereich der Brust (Bleistift) die Vorderkante etwas gerundet eingeschlagen.


Zum Vergleich das Originalkleid:

Dieser Beitrag wurde schon 3 mal editiert, zum letzten mal von Black Snail am 17 Sep, 2019 20:48 20.
|
|
17 Sep, 2019 20:33 54 |
|
Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
|
17 Sep, 2019 20:52 46 |
|
Greta
Zauberlehrling
  
Dabei seit: 27 Aug, 2018
Beiträge: 214
 |
|
Zitat: |
Original von Black Snail
Danke dir, wenn man nach dem richtigen englischen Begriff googelt, dann findet man jede Menge dieser Kleider "Wrapper Dresses".
Ich habe nun auch nochmals meine Bücher durchgesehen, einerseits ist im The cut of womens clothes ein ähnliches, datiert auf die späten 1870er drinnen, auch im Fashions of the guilded ages wird der Kleidungsstil ab ca. 1876 beschrieben. Der Popo spricht tatsächlich wieder für eher 1885, die Ärmel aber nicht. Kann also eher 1885 sein, mit halt altmodischer Ärmelform.
|
|
Ja, das wird man wohl nicht mit völliger Sicherheit so genau datieren können. Wahrscheinlich hat sich in den beiden Jahrzehnten auch einfach nicht so viel getan. Da Wrapper eine Form von undress sind und nur zu Hause in der Privatsphäre getragen wurden, waren die wohl auch eher nicht so sehr dem sonst eher schnellen Wandel der Mode unterworfen.
Ich habe neulich mal Wrapper der 1850er und 60er recherchiert, weil ich irgendwann demnächst einen nähen möchte, und auch die unterscheiden sich eher durch Details wie Kragen- und Ärmelform und teilweise recht wild gemusterte Stoffe, in denen sich wohl niemand in die Öffentlichkeit gewagt hätte. Die Schnittführung an sich bleibt aber ziemlich gleich. Dass es sich um kein modisches Kleidungsstück handelt, merkt man auch daran, dass das Futter oft aus Stoffresten zusammengestückelt war, und häufig wurden auch abgetragene Kleider in Wrapper umgearbeitet. Es wäre vielleicht auch für dein Original denkbar, dass ein aus der Mode gekommenes Kleid ein zweites Leben als Morgenmantel führen durfte.
Truly Victorian hat ja auch sowas im Angebot; die bezeichnen das als Tea Gown. Der Begriff ist mir allerdings bisher nicht begegnet (morning gown schon).
Na ja, genug Blabla, dir viel Erfolg, ich schaue zu. 
|
|
17 Sep, 2019 21:15 19 |
|
Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
|
18 Sep, 2019 20:11 13 |
|
Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
|
18 Sep, 2019 20:16 20 |
|
Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
Der Kragen ist drauf, jetzt geht es wie versprochen an die Ärmel. Ich habe nur Bilder von meinem Kleid, aber ich habe mich 1:1 an die Vorlage gehalten.
Erst werden die Manschetten mit Baumwollstoff gedoppelt und die Oberkante mit Schrägband versäubert.



Dann die obere Manschette aufgelegt und ohne weiteres Versäubern der Unterkante einfach aufgenäht (leider ist die Manschette etwas zu kurz geraten, daher musste ich den Ärmel etwas verschmälern)
[
Dann die untere Manschette. Hier wird bei einer Nahtzugabe von 1,5cm 1cm neben der Kante genäht, damit die Naht später nach dem Einschlagen der Unterkante nicht mehr zu sehen sein wird.

Der Ärmel wird geschlossen, am Original wurde nicht besonders darauf geachtet, dass sich die Manschetenoberkanten treffen.

Die Form des Orignalärmels:

Dan wird die Unterkante eingeschlagen, wie zuvor schon erwähnt so, dass die Naht ca. 1/2cm innen zu liegen kommt. Die Oberkante wird an den Futterstoff gehext.

Der Ärmel bekommt innen noch einen Beleg aus Oberstoff, der mit eingeschlagenen Kanten entlang der Naht an der Unterkante anstaffiert wird.

Und entlang der Oberkante natürlich auch:

|
|
20 Sep, 2019 08:02 19 |
|
Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
Bis dahin liefen die Dinge ziemlich rund, nur kam dann leider Dummheit und Hudelei ins Spiel. Die Ärmel habe ich beide zwei Mal eingenäht, beim ersten Mal habe ich mich mit den Passzeichen vertan, beim zweiten Mal mit der Paspel und einen Ärmel überhaupt verkehrt eingesetzt. Also keine Sorge, ich kann das auch. Jetzt sind endlich beide richtig drinnen!
Aber alles der Reihe nach, so wie man es machen sollte. Zuerst wird am Armloch die Nahtlinie angezeichnet und ein Paspelband aufgeheftet. Als Paspelschnur habe ich Topflappengarn verwendet, das hat einen Durchmesser von ca 1mm, die dünnste Paspelschnur die ich zuhause hab hat 2mm, aber wir wollen uns ja ans Original halten.

Wie sich bei VErsuch und Irrtum herausgestellt hat, ist es wie am Kragen empfehelnswert, die Paspel mit Kontrastgarn anzunähen, um die Nahtlinie auf der Rückseite schön zu sehen.

Entlang der Ärmelkugel werden wie es sich gehört zwei Reihen mit großer Stichlänge zum Einreihen genäht.

Und der Ärmel richtig herum entsprechend der Passzeichen eingenäht. Am Original wurde der Überschuss in der Achsel einfach in eine kleine Falte gelegt, so hab ich es dann auch gemacht.
Leider muss der Ärmel dank der Paspel mit der Hand eingenäht werden, wobei ich mit der Maschine vermutlich noch öfter getrennt hätte. Genäht wird von der Ärmelseite, wie auch am Originalkleid.

Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Black Snail am 20 Sep, 2019 08:10 34.
|
|
20 Sep, 2019 08:07 07 |
|
Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
|
21 Sep, 2019 21:06 10 |
|
Emma
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 1779
 |
|
|
24 Sep, 2019 07:42 53 |
|
Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
Ich schulde euch hier die nächsten Bilder bis zum fertigen Kleid. Hab dafür das Schnittmuster so gut wie fertig!
Aber erst mal die untere Rüsche, nicht anders aufgenäht als die obere Rüsche:

Dann wird die Nahtzugabe zurückgeschnitten und mit einem Band abgedeckt. Leider war nix aus Satin oder Samt zuhause, daher ein einfaches BW-Nahtband in schwarz:

Was mich aber jetzt gestört hat war der Kragen, sah zwar sauber aus, aber hat sich durch die Paspel etwas gezogen, daher wurde wieder aufgetrennt und das Ganze nochmals neu gemacht. Diesmal wurde einfach der Äußere und innere Kragen als eine Schicht an den Halsausschnitt genäht, die Belege vorne wie gehabt zu einer schönen Ecke geformt, die Nahtzugaben nochmals etwas zurückgeschnitten und eingeknipst.

Um jetzt die Nahtzugabe abzudecken, kommt ein Schrägband drauf (so wie auch beim Original, keine Ahnung, warum ich das beim ersten Mal anders gemacht habe).

Dieses Schrägband wird rundherum anstaffiert, die Unterkante nur am Futter. So gefällt mir der Kragen gleich besser.

|
|
29 Sep, 2019 20:54 20 |
|
Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 2245
 |
|
|
29 Sep, 2019 21:02 43 |
|
|